Definition der Konditionalitäten, Vertragsgestaltung und Qualitätssicherung
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1. Vertragliche Konditionalitäten
Dieses Kapitel beschreibt die wichtigsten Elemente der Vertragsgestaltung im Rahmen der Beschaffung. Jeder Abschnitt behandelt ein Thema, das Gegenstand einer oder mehrerer Vertragsbedingungen ist. Es wird erläutert, warum das Thema gegebenenfalls besprochen werden muss und welche Auswirkungen dies auf den Abschluss eines Vertrages haben kann.
1.1 Vier-Ecken-Klausel – Ausschluss der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Bei der Vertragsgestaltung ist es wichtig, dass ein gemeinsames Verständnis darüber besteht, was (Teil) der Vertragsdokumente sein soll. Die sogenannte „Vier Ecken“-Klausel stellt sicher, dass alles, was das Vertragsverhältnis betrifft, ausdrücklich in den Dokumenten enthalten ist, die die Parteien als Vertrag zwischen ihnen vereinbaren. Es dürfen keine anderen Bedingungen (außer gesetzlich vorgeschriebene) als die schriftlich vereinbarten gelten.
Die wichtigste Konsequenz dieser oft explizit aufgenommenen Klausel besteht darin, dass abweichende Allgemeine Geschäftsbedingungen einer Partei, wie sie typischerweise auf der Rückseite von Rechnungen zu finden sind oder einem Angebot beigefügt werden, keine Anwendungen auf das Vertragsverhältnis finden.
Der Teufel steckt wie immer im Detail. Insbesondere bei komplexen Vertragskonstellationen ist es äußerst sinnvoll, die Einbeziehung separater Dokumente nur durch Verweis zuzulassen. Dies erleichtert beispielsweise den Verweis auf Industriestandards. Der öffentliche Auftraggeber sollte jedoch bei der Annahme von Verweisen auf Dokumente des Anbieters vorsichtig sein.
Darüber hinaus muss der ÖA vorsichtig sein, wenn eine Lösung den Erwerb von Nutzungsrechten an geistigem Eigentum eines Dritten erfordert. Eine solche Lizenz erfordert, sofern sie nicht über den Anbieter und im Rahmen der Vertragsbeziehung mit diesem erworben wird, zwangsläufig eine separate vertragliche Vereinbarung mit dem Inhaber des entsprechenden geistigen Eigentums. Die Bedingungen der Vereinbarung mit dem Anbieter haben keinen Einfluss auf eine solche Vereinbarung. Auch die „Vier-Ecken-Klausel“ findet keine Anwendung, und der ÖA könnte sich in einem Sumpf von Bedingungen des Lizenzgebers wiederfinden, den sie mit dieser Klausel vermeiden wollte.
1.2 Hauptverantwortlichkeiten des Käufers
Die Auflistung der Hauptverantwortlichkeiten des ÖA ist von Vorteil, da sie eine klare Abgrenzung dieser Aufgaben ermöglicht. Durch eine detaillierte Beschreibung der Verpflichtungen des ÖA und die Verwendung einer Formulierung, die diese Liste eindeutig als restriktiv kennzeichnet, können ÖA Streitigkeiten bei der Ausführung über die Übertragung von Verantwortung vermeiden.
Dies ist insbesondere bei komplexen Vereinbarungen wichtig, bei denen ein hohes Maß an gegenseitiger Abhängigkeit zwischen den Parteien besteht. Diese gegenseitige Abhängigkeit darf niemals als Entschuldigung für eine Nichterfüllung dienen. Ist der ÖA für die Durchführung einer bestimmten Handlung verantwortlich, sollte der Vertrag vorsehen, dass diese Handlung durch eine schriftliche Aufforderung des Anbieters ausgelöst wird.
1.3 Hauptverantwortlichkeiten des Lieferanten
Ähnlich wie die Auflistung der Verpflichtungen der ÖA ist es sinnvoll, auch die Pflichten des Lieferanten aufzulisten. Die Liste der Verpflichtungen des Lieferanten sollte jedoch anderer Art sein. Wenn ein technologiebezogener Vertrag üblicherweise auf ein bestimmtes Ergebnis abzielt (d. h. eine zu entwickelnde und zu implementierende Lösung), sollte die Liste der Verpflichtungen nicht abschließend sein. Es ist die Aufgabe des Lieferanten, ein Ergebnis zu erzielen, indem er die in der Liste aufgeführten Pflichten sowie alle Pflichten erfüllt, die sich aus der allgemeinen Pflicht zur Lieferung des gewünschten Ergebnisses ergeben.
Die Liste der Lieferantenverpflichtungen soll daher nicht einen umfassenden Überblick bieten, sondern sicherstellen, dass bestimmte spezifische Pflichten nicht übersehen werden.
1.4 Rechnungslegung und Zahlung
Bei der Festlegung der Rechnungs- und Zahlungsbedingungen sollte der ÖA mehrere Punkte beachten.
Erstens muss die Klausel klar definieren, wann der Lieferant berechtigt ist, dem ÖA eine Rechnung zu stellen. Die Frage ist, wodurch das Recht auf Rechnungsstellung ausgelöst wird. Ist es der bloße Zeitablauf, z. B. in einem Lizenzvertrag, oder die Abnahme der erbrachten Leistung durch den ÖA? Hier können Links zu Vertragstexten über die Annahme von Rechnungen eingefügt werden, um sicherzustellen, dass die Parteien wissen, unter welchen Bedingungen eine Rechnung eingereicht und bezahlt werden kann.
Bei Lizenzen oder Abonnements, die wiederkehrende Gebühren erfordern, ist zu beachten, ob die Zahlungen vor oder nach der jeweiligen Laufzeit erfolgen. Insbesondere bei jährlichen Zahlungen kann der Unterschied zwischen beiden erheblich sein.
Die Klausel sollte die in der Rechnung enthaltenen Informationen und das verwendete Format definieren, z. B. festlegen, ob eine elektronische Rechnungsstellung verwendet werden soll.
Die Klausel legt eine Zahlungsfrist fest und kann eine Frist zur Überprüfung enthalten, d. h. eine Frist, innerhalb derer der ÖA die Richtigkeit der Rechnung überprüfen muss.
Die Klausel kann auch die Bedingungen für Preisänderungen, die anzuwendende Formel und die in der Formel zu verwendenden Preisreferenzen festlegen.
Schließlich muss der Vertrag unbedingt vorsehen, dass die gesamte Rechnungsstellung elektronisch und gemäß den PEPPOL-Standards erfolgt34, da dies bei öffentlichen Aufträgen zwingend vorgeschrieben ist.
1.5 Geistige Eigentumsrechte
Es gibt kaum eine Vertragsbeziehung im Technologiebereich, die nicht in gewissem Umfang die Übertragung von Rechten an geistigem Eigentum beinhaltet. Geistiges Eigentum ist das wichtigste Element der wirtschaftlichen Beziehung in Technologieverträgen.
Angesichts der vielfältigen Zusammenhänge rund um das geistige Eigentum ist es dringend anzuraten, das Thema explizit anzusprechen.
Dabei sollten ÖA darauf achten, sich für die verfolgten Zwecke ausreichende Rechte vorzubehalten und gleichzeitig auf überzogene Ansprüche zu verzichten, die keinen echten Mehrwert bringen, aber die Kosten erhöhen und/oder die Angebotsbereitschaft der Anbieter verringern. Dieser Abschnitt soll als Orientierung dienen.
1.5.1 Definition des IPR-Rahmens
Wenn eine vertragliche Beziehung (i) die Entwicklung von Hardware und/oder Software, (ii) die Nutzung von Software und/oder Daten oder (iii) den Zugriff auf XaaS-Dienste zur Speicherung und/oder Erstellung von Daten beinhaltet, sind Vereinbarungen über geistiges Eigentum erforderlich. Bei der Ausarbeitung solcher vertraglichen Vereinbarungen ist es üblich, zwischen „Hintergrundinformationen“ und „Vordergrundinformationen“ zu unterscheiden. Hintergrundinformationen sind Informationen, die bereits vor Vertragsabschluss existierten und/oder unabhängig davon entwickelt wurden. Im Gegensatz dazu sind Vordergrundinformationen Informationen, die sich aus der Ausführung des Vertrags ergeben. Eine weitere Unterscheidung erfolgt nach der Herkunft: Informationen können vom Anbieter, dem ÖA oder von beiden stammen.35
Standardmäßig verbleiben die Eigentumsrechte bei Hintergrundinformationen beim ursprünglichen Eigentümer. Das heißt, die Hintergrundinformationen des Anbieters verbleiben im Eigentum des Anbieters, und die Hintergrundinformationen des ÖA verbleiben im Eigentum des ÖA. Benötigt der ÖA die Hintergrundinformationen des Anbieters, so unterliegt diese Nutzung den Nutzungsrechten.
Die Eigentumsverhältnisse an Vordergrundinformationen müssen im Vertrag geregelt werden, da es sich um Informationen handelt, die im Rahmen der Vertragserfüllung entstehen.
Vertragliche Vereinbarungen über Vordergrundinformationen schließen die Zuweisung von Eigentumsrechten und die Einräumung von Nutzungsrechten ein, soweit dies für die Zwecke des Vertrags erforderlich ist.
Erarbeitung einer angemessenen Stellungnahme zu geistigen Eigentumsrechten
Der ÖA muss sicherstellen, dass der Vertrag ihm (und gegebenenfalls den Nutzern, anderen Auftragnehmern usw.) Rechte einräumt, die alle in der Ausschreibung vorgesehenen Nutzungen ermöglichen. Gleichzeitig sollte der ÖA nicht mehr verlangen als nötig, da die Beschaffung nicht benötigter und nie nutzbarer Rechte zu teuer ist.
Eine einfache IPR-Klausel könnte wie folgt strukturiert sein:
- Beibehaltung des geistigen Eigentums an Hintergrundinformationen durch den ursprünglichen Eigentümer
- Zuordnung von geistigem Eigentum zu Vordergrundinformationen
- Einräumung erforderlicher Nutzungsrechte
Obwohl die Logik dieser Vorgehensweise verlockend erscheint, ist zu bedenken, dass der Vertragsgegenstand die Entwicklung und Implementierung einer Anwendung sein kann, die eine Kombination aus Hintergrundinformationen von Anbietern und/oder Drittanbietern und vom Anbieter erstellten Vordergrundinformationen darstellt. Eine typische IPR-Klausel in einem solchen Kontext kann die Übertragung des Eigentums an den im Rahmen der Vereinbarung entwickelten Vordergrundinformationen umfassen in Verbindung mit einem Nutzungsrecht an den Hintergrundinformationen des Anbieters, das es dem ÖA ermöglicht, die entwickelte Anwendung vollständig und uneingeschränkt zu nutzen.
Anbieter werden zögern, das Eigentum an Hintergrundinformationen an einen ÖA abzutreten, da diese typischerweise aus Bausteinen und Codeteilen bestehen, die sie bereits verwendet haben und in anderen Projekten wiederverwenden möchten. Daher kann es sein, dass ein ÖA, der das vollständige Eigentum an der Entwicklung anstrebt, auf Anbieter trifft, die nicht oder nur zu einem höheren Preis bereit sind, Verträge abzuschließen. Sofern der ÖA nicht beabsichtigt, die vom Anbieter entwickelte und im Rahmen des Vertrags erworbene Lösung zu vermarkten, ist die vollständige Eigentümerschaft des Codes in der Regel nicht erforderlich.
Hinsichtlich der einzuräumenden Nutzungsrechte müssen sich ÖA überlegen, was sie damit machen wollen.
Wenn ein Dritter die Anwendung nutzen soll, sollte der ÖA das Recht zur Unterlizenzierung dieser Nutzungsrechte einräumen. Dies ist auch für den zukünftigen Support und die Wartung der Anwendung wichtig. Insbesondere im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen sollte eine Ausschreibung für den fortlaufenden Support nicht dadurch behindert werden, dass Dritte nicht berechtigt sind, Support zu leisten. Die Nutzung sollte hinsichtlich der auferlegten Einschränkungen klar sein. Gibt es eine Beschränkung der Nutzerzahl? Des Datenvolumens? Solche Einschränkungen sind bei kundenspezifischen Entwicklungen unüblich, der ÖA sollte sich aber vergewissern.
1.5.3 Die Nutzung von Plattformanwendungen
Eine besondere Situation liegt vor, wenn die angebotene Lösung auf einer Plattformanwendung basiert, d. h. einer vorgefertigten, in der Regel Cloud-basierten Softwareumgebung, die Funktionen bereitstellt, die von einem Anbieter als Teil einer kundenspezifischen Lösung integriert werden können.
Für die Nutzung dieser Plattformanwendungen ist eine separate, zeitlich begrenzte Lizenz für die in die kundenspezifische Lösung eingebetteten Anwendungen erforderlich. Das bedeutet, dass der ÖA nicht nur für die Entwicklung und das unbefristete Nutzungsrecht zahlt, sondern zusätzlich auch regelmäßige Lizenzgebühren entrichten muss.
Der Einsatz solcher Plattformanwendungen bietet klare Vorteile. Die Entwicklungszeit ist in der Regel kürzer und die Vorlaufkosten niedriger. Die Leistungsfähigkeit dieser Plattformanwendungen und die unzähligen Funktionalitäten, die sie bieten, sind enorm.
Die Nachteile sind jedoch ebenso offensichtlich und wenn Plattformanwendungen Teil der gewünschten Lösung sein sollten, sollte der ÖA wachsam sein.
Dies betrifft in erster Linie die Standardbedingungen für die Nutzung dieser Anwendungen, deren Inhalt und Variabilität nur schwer mit dem Vergaberecht vereinbar sind. Eine Lösung hierfür besteht darin, das Vertragsverhältnis bezüglich der Plattformanwendung beim Anbieter zu belassen. Dieser fungiert somit als Vermittler zwischen dem ÖA und dem Anbieter der Plattformanwendung, schützt den ÖA vor den Lizenzbedingungen des Anbieters und räumt dem ÖA ein späteres Nutzungsrecht an der in die entwickelte Lösung integrierten Plattformanwendung ein.
Zweitens entstehen Kosten, die schwer zu kontrollieren sind, da Lizenzgebühren, Supportkosten usw. im Laufe der Zeit steigen können. Neue Versionen der Plattformanwendung bieten nicht nur mehr und bessere Funktionen, sondern erfordern auch die Anpassung der vom Anbieter für diese Plattformanwendung entwickelten Software. Die Behebung dieses Nachteils geht über den Rahmen dieser Richtlinie hinaus, da grundlegende Entscheidungen über die Art der geplanten Lösung und das akzeptable Maß an plattformspezifischen Anpassungen getroffen werden müssen.
Drittens ist es offensichtlich, dass der Aufbau einer Lösung rund um eine Plattformanwendung das Risiko einer Abhängigkeit vom Anbieter erhöht, da eine solche Abhängigkeit auf einer sekundären Ebene entsteht. Der ÖA sollte nicht nur sicherstellen, dass der Anbieter nicht der einzige ist, der die Lösung unterstützen und warten kann, sondern auch die Abhängigkeit von der gewählten Plattformanwendung reduzieren. Maßnahmen hierzu sollten im Lieferteil des Vertrags enthalten sein.
1.6 Einhaltung von Standards und Branchenpraktiken sowie Kompatibilität
Der ÖA muss sicherstellen, dass der Anbieter Branchenstandards und -praktiken einhält. Solche Anforderungen sind oft notwendig, um sicherzustellen, dass die gewünschte Lösung effektiv funktioniert und mit der Umgebung interagiert. Sie sind auch wichtig, um eine Abhängigkeit vom Anbieter zu vermeiden. Während die Einhaltung dieser Standards nicht garantiert, dass eine Abhängigkeit vermieden werden kann, führt eine Nichteinhaltung höchstwahrscheinlich zu einer Abhängigkeit vom Anbieter.
Es ist zwingend erforderlich, dass der ÖA seine Hausaufgaben in diesem Bereich macht und sicherstellt, dass die Liste der Standards, die der Anbieter und die Lösung einhalten müssen, vollständig und klar ist.
Kompatibilität ist eine Voraussetzung, um sicherzustellen, dass die Lösung mit der bereits installierten digitalen Umgebung interagiert, Daten im gewählten Format liest und schreibt und – unter Berücksichtigung der Kompatibilität mit vorhandenen, weit verbreiteten Anwendungen – zur Portabilität der resultierenden Daten beiträgt.
1.7 Haftung
1.7.1 Allgemein
Keine Vertragsklausel war Gegenstand so vieler Debatten und Verhandlungen wie die Haftungsklausel. Begriffe wie Verschulden und Haftung tragen eine moralische Konnotation, die einer rationalen Risikoverteilung manchmal im Wege zu stehen scheint – und genau das tut sie.
Es handelt sich nicht um eine Haftungsklausel, sondern um eine Haftungsbeschränkungsklausel. Die vertragliche Haftung ist im EU-Vertragsrecht geregelt und bedarf keiner Klausel, um auf einen Vertrag anwendbar zu sein. Es ist jedoch üblich, dass die Parteien eine Haftungsbeschränkung sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch der Höhe der geschuldeten Entschädigung vereinbaren.
Obwohl es üblich ist, dass eine Haftungsbeschränkungsklausel in beide Richtungen funktioniert, scheint der größte Nutznießer der Vertragspartei der Anbieter zu sein, da die Pflichten des ÖA in den meisten Fällen kaum mehr als die Bezahlung der Rechnungen umfassen.
Der Grundgedanke für den Anbieter besteht darin, das Haftungsrisiko auf vorhersehbare, begrenzte Beträge zu beschränken, die problemlos durch Versicherungspolicen gedeckt werden können.
Der Grundgedanke für den ÖA besteht darin, zu wissen, in welchem Umfang und zu welchen (zusätzlichen) Kosten das Risiko vom Anbieter übernommen wird, um zu verstehen, welches Risiko beim ÖA verbleibt, und um zu vermeiden, dass ein und dasselbe Risiko doppelt versichert wird.
1.7.2 Einschränkung des Geltungsbereichs
Wie hoch muss der gesetzlich zu ersetzende Schaden sein? Internationale Verträge haben zu einer ausdrücklichen Beschränkung der vertraglichen Haftung auf unmittelbare Schäden geführt. Eine Vielzahl „anderer“ Schäden, die überwiegend aus der US-amerikanischen Rechtsprechung stammen und zum Teil zivilrechtlich schlicht bedeutungslos sind, werden nicht berücksichtigt.
Der Kerngedanke ist jedoch klar: Die Parteien vereinbaren, dass sie im Rahmen des Vertrags einander gegenüber nur für Schäden haften, die eine direkte Folge des begangenen Fehlers oder Unterlassens sind.
Ein Beispiel verdeutlicht dies. Wenn ein Kommunikationssystem installiert ist, um Transformatoren bei einem Stromausfall abzuschalten, und ist dieser Ausfall auf den Anbieter zurückzuführen ist, der das Kommunikationssystem installiert hat, haftet dieser für den unmittelbaren Schaden, beispielsweise die Explosion eines Transformators. Dieser Schaden ist eine unmittelbare Folge und somit für den Anbieter vorhersehbar. Mit einer Klausel, die indirekte Schäden ausschließt (vorausgesetzt, das anwendbare Recht sieht eine Haftung für indirekte Schäden vor), haftet der Anbieter nicht für den Produktionsausfall einer nahegelegenen Fabrik, der durch den anhaltenden Stromausfall verursacht wurde.
Letzterer Schaden ist eine Angelegenheit zwischen dem Elektrizitätsunternehmen und der Fabrik, und die Aufteilung wird Gegenstand des Vertrags zwischen diesen beiden Unternehmen sein.
1.7.3 Betragsbeschränkung
Haftungsbeschränkungsklauseln begrenzen nicht nur den Umfang des Schadens, sondern auch die Höhe der zu zahlenden Entschädigung. Der Grundgedanke dabei ist, das abzudeckende Risiko an den Auftragswert anzupassen.
Nehmen wir das obige Beispiel und stellen uns vor, der Anbieter eines Kommunikationssystems hätte einen Auftrag im Wert von hunderttausend Euro pro Jahr. Wenn das abzusichernde Risiko beispielsweise der Wert von Transformatoren wäre, die bei einem Systemausfall explodieren könnten, so könnte die entsprechende Versicherungsprämie untragbar hoch ausfallen, was den Vertrag wirtschaftlich unrentabel machen würde.
Die Verringerung des Risikos bedeutet eine Senkung der Versicherungsprämie für den Anbieter. Da das Elektrizitätsunternehmen ohnehin über eine Netzversicherung verfügen sollte, dürfte der Teil der Risikoverlagerung auf das Unternehmen durch die Begrenzung der vom Anbieter zu erhaltenden Entschädigungen gegen eine geringere Erhöhung der Versicherungsprämie abgesichert werden.
Begrenzungen der zu zahlenden Entschädigung können unterschiedlich ausgestaltet sein. Im einfachsten Fall handelt es sich um eine Klausel, die die vertragliche Haftung auf einen Betrag X begrenzt. Varianten können die Haftung auf einen jährlichen Betrag begrenzen oder eine jährliche Begrenzung mit einer Gesamthaftungsobergrenze für den Vertrag kombinieren. Die Beträge können als Festbetrag oder als Prozentsatz der in Rechnung gestellten und gezahlten Beträge festgelegt werden.36
1.7.4 Grenzen der Einschränkungen
Die meisten Haftungsklauseln schließen die Anwendbarkeit der darin enthaltenen Beschränkungen bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz aus. Dies ist nicht nur ein Hinweis auf den moralischen Aspekt der Verschuldenshaftung, sondern auch eine notwendige Voraussetzung für den Fortbestand der Klausel als solche, da eine Klausel, die die Haftung für grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz beschränkt, in vielen Rechtsordnungen nichtig ist.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird empfohlen, die Freistellungsklausel ausdrücklich von der Haftungsbeschränkung auszuschließen. Weitere Informationen zur Freistellungsklausel finden Sie in Kapitel 1.9.
1.7.5 Aufnahme der Haftungsbeschränkung in die Ausschreibungsunterlagen
Die Rolle des ÖA in einem öffentlichen Vergabeverfahren hat den Vorteil, dass er die Federführung innehat und für die geltenden Vertragsbedingungen sorgt.
Es mag widersinnig erscheinen, dass ein ÖA in den Ausschreibungsunterlagen eine Haftungsbeschränkungsklausel vorsieht, doch es gibt viele gute Gründe dafür. Vor allem kalkulieren die Teilnehmer eines Ausschreibungsverfahrens ihre Preise auf der Grundlage der Ausschreibungsunterlagen. Ist das Haftungsrisiko in den Unterlagen nicht enthalten, wird ein entsprechender Aufschlag in die Preisgestaltung einkalkuliert.
Die Formulierung der Klausel in den Ausschreibungsunterlagen sorgt von Anfang an für eine klare Position und kann den Verhandlungsaufwand sowie die Kosten reduzieren. Darüber hinaus können etwaige spezifische Bedenken in der so vorgesehenen Haftungsklausel angemessen berücksichtigt werden.
1.8 Versicherung
Die logische Folge einer Haftungsklausel, die die Absicherung des Haftungsrisikos berücksichtigt, ist eine Versicherungsklausel, die den Anbieter verpflichtet, eine diesem Risiko angemessene und notwendige Versicherung abzuschließen.
Die Versicherungsklausel verpflichtet den Anbieter in der Regel dazu, eine angemessene Absicherung gegen eine Reihe von Risiken zu gewährleisten, die nicht unbedingt mit der vertraglichen Haftung gegenüber dem ÖA in Zusammenhang stehen37 und kann vom Anbieter den Nachweis dieser Versicherung verlangen, indem er dem ÖA die Policen bei Inkrafttreten des Vertrags und/oder jährlich vorlegt.
1.9 Schadlos halten
Die Freistellungsklausel schützt die Parteien vor den Folgen einer Verletzung (unter anderem) der geistigen Eigentumsrechte Dritter.
Aus Sicht des ÖA dient die Freistellungsklausel dazu, die ungestörte Nutzung der vom Anbieter gelieferten Lösung sicherzustellen. Für den Fall, dass ein Dritter geltend macht, dass eine solche Nutzung seine geistigen Eigentumsrechte verletzt, sieht die Klausel vor, dass der Anbieter eingreift und die Verteidigung des ÖA übernimmt. Scheitert diese Verteidigung oder entscheidet sich der Anbieter für einen Vergleich, verpflichtet die Klausel den Anbieter, dem ÖA die ungestörte Nutzung zu ermöglichen. Schlägt all dies fehl, ist der Anbieter verpflichtet, die Verletzung zu beheben und dem ÖA eine Lösung anzubieten, die die geistigen Eigentumsrechte des Dritten nicht verletzt.
Aus Sicht des Anbieters sieht die Klausel die Gegenseitigkeit der oben aufgeführten Verpflichtungen vor, wenn die Verletzung durch eine unbeabsichtigte Verwendung durch den öffentlichen Auftraggeber oder durch die Verwendung in einer nicht offengelegten Kombination verursacht wird, wodurch diese Verwendung eine Verletzung darstellt.
Die Klausel enthält keine Obergrenze oder Begrenzung und es ist wichtig, dies sicherzustellen, indem sie z. B. ausdrücklich aus allen im Vertrag vorgesehenen Beschränkungen oder Obergrenzen ausgenommen wird.
Der obige Text konzentriert sich auf die Haftungsfreistellung in Bezug auf geistiges Eigentum, doch wie bereits erwähnt, gibt es auch andere Anwendungsbereiche. Eine Haftungsfreistellung, beispielsweise für Steuerschulden, kann in bestimmten Verträgen relevant sein. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Haftungsfreistellungsklausel so formuliert ist, dass sie nicht als stillschweigende Aufhebung der gesetzlichen Haftungsfreistellung interpretiert werden kann.
Die Anwendung der Freistellungsklausel kann problematisch sein, da die Partei, die sich auf die Klausel beruft, darauf vertrauen muss, dass die Gegenpartei den Anspruch ordnungsgemäß bearbeitet, angemessene rechtliche Unterstützung in Anspruch nimmt und – falls erforderlich – wirksame Verhandlungen über die erforderliche Drittlizenz führt. Ein Ansatz, der dem ÖA mehr Kontrolle einräumt, kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn eine technische Problemumgehung voraussichtlich schwierig zu erreichen ist oder die Lösung kritisch ist.
1.10 Änderungen
Innerhalb der Grenzen dessen, was nach den Vorschriften zur öffentlichen Auftragsvergabe zulässig ist, besteht immer die Möglichkeit, dass die Parteien die Vertragsbedingungen ändern müssen, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.
Solche Änderungen lassen sich grob in zwei Kategorien unterteilen, nämlich einerseits Änderungen der technischen Spezifikationen und andererseits Änderungen der Vertragsbedingungen.
Die Anpassung technischer Spezifikationen während der Vertragserfüllung ist keine Seltenheit, da im Laufe der Leistungserstellung Mängel im ursprünglichen Konzept auftreten oder sich bessere Ansätze zur Erreichung des gewünschten Ergebnisses zeigen. Um diesen – oft häufigen – Änderungen Rechnung zu tragen, ist ein Änderungsprozess sinnvoll, der auf eine im Governance-Verfahren (siehe unten) verankerte Entscheidung abzielt. Ein solcher Prozess legt fest, wie ein Änderungsantrag erstellt und durch die zuständigen Gremien geleitet wird, um eine einvernehmliche Genehmigung zu erreichen.
Eine Änderung der Vertragslaufzeit dürfte deutlich seltener vorkommen und erfordert nach der Aushandlung der geplanten Änderung eine formelle Vereinbarung auf der entsprechend zuständigen Führungsebene.
Die Änderung kann durch einen ähnlichen Prozess wie den oben beschriebenen eingeleitet werden. Wenn die Parteien der Änderung zustimmen, tritt sie jedoch erst mit der Durchführung einer formellen Änderung in Kraft.
Wie bereits erwähnt, schränkt das öffentliche Vergaberecht den Spielraum für Vertragsänderungen ein. Das oberste Ziel bei der öffentlichen Auftragsvergabe ist die Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen. Wäre es dem ÖA gestattet, von Anforderungen abzuweichen, die zuvor als Mindestanforderungen galten, oder von Bedingungen, die einen entscheidenden Einfluss auf das Vertragsverhältnis haben, würde dies Praktiken ermöglichen, bei denen eine nachträgliche Lockerung der Bedingungen dem Teilnehmer, der solche Änderungen vorhersehen konnte, einen unfairen Vorteil verschafft.38
1.11 Ablauf – Kündigung
Regelt die Beendigung des Vertrags, entweder durch Erreichen seiner Laufzeit oder durch tatsächliche Kündigung im gegenseitigen Einvernehmen oder aus wichtigem Grund durch eine der Parteien. Die Beendigung beschreibt die Bedingungen für eine solche vorzeitige Kündigung und listet die Pflichten der Parteien für jedes Szenario der Vertragsbeendigung auf.
1.12 Streitbeilegung
Streitbeilegungsklauseln können drei Elemente umfassen:
- Die Verpflichtung der Parteien, vor einem Gerichtsverfahren eine Versöhnung anzustreben
- Eine Rechtswahl
- Die Wahl des zuständigen Gerichts für die Urteilsfindung
In privaten Verträgen wird diese Klausel von den Parteien gerne zum „Gerichts-Shopping“ genutzt und führt zu Debatten darüber, welcher exotische Ort als Schauplatz für eine mögliche Streitbeilegung dienen soll. Zur Klarstellung wird diese Klausel in die Ausschreibungsunterlagen aufgenommen.
1.12.1 Schlichtung
Es ist nicht ungewöhnlich, dass eine Streitbeilegungsklausel die Parteien verpflichtet, einen Streit vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens durch ehrliche Gespräche beizulegen. Eine solche Klausel kann sich darauf beschränken, das Prinzip festzulegen, ohne den Prozess einer gütlichen Einigung näher zu erläutern. Es ist jedoch sinnvoll, ein Mindestverfahren vorzusehen, insbesondere bei hochwertigen, komplexen Technologieverträgen. Dies kann eine Definition der Kommunikation, die solche gütlichen Einigungsgespräche auslöst, Antwortbedingungen, die vereinbarte Dauer solcher Gespräche usw. umfassen.
Ein hilfreiches Element bei der Festlegung des Prozesses zur Erzielung einer Einigung ist die Nutzung der in der Vertragsregelung (siehe unten) festgelegten Mechanismen zum Weiterreichen an eine übergeordnete Stelle. Wenn der Streit in der Management-Hierarchie weitergereicht wird, kann er aus einer breiteren Perspektive betrachtet werden, was die Erzielung einer für beide Seiten akzeptablen Lösung erleichtert.
1.12.2 Rechtswahl – Gerichtsstand
Indem der ÖA in den Ausschreibungsunterlagen klar zum Ausdruck bringt, dass die Gesetze des Staates gelten, in dem er tätig ist, beseitigt er jegliche Unklarheiten, die in dieser Angelegenheit bestehen könnten, selbst bei Geschäften mit ausländischen Unternehmen.
Ebenso wird festgelegt, dass im Falle eines Rechtsstreits das zuständige Gericht innerhalb der Gerichtsbarkeit des ÖA zuständig ist, ein Urteil zu fällen und die Angelegenheit beizulegen, unabhängig von der Gerichtsbarkeit, in der der Anbieter seinen Sitz hat.
1.13 Sicherheit
Sicherheitsanforderungen in Technologieverträgen sind erforderlich, um die Einhaltung des rechtlichen Rahmens in dieser Angelegenheit zu gewährleisten.39
Im Allgemeinen sollte ein ÖA Bedingungen für Authentifizierung und Zugriffskontrolle, Datenschutz, Systemintegrität sowie Betriebs- und Lieferkettensicherheit aufnehmen, die ein Sicherheitsniveau gewährleisten, das der Kritikalität der Anwendung und ihrer Nutzung angemessen ist.
Eingebaute Sicherheit sollte der Standardansatz sein und der Vertrag sollte Bestimmungen enthalten, die die Prüfung, Inspektion und Erprobung von Sicherheitsmaßnahmen ermöglichen.
Die Sicherheit sollte in die SLAs und KPIs integriert sein, damit die Leistung in diesem Bereich genau überwacht werden kann.
1.14 DSGVO
Durch die Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung (EU) 2016/679 werden die allgemeinen Sicherheitsanforderungen um eine zusätzliche Dimension erweitert, wenn eine Lösung für die Verarbeitung personenbezogener Daten verwendet werden soll.
Obwohl in dieser Richtlinie nicht auf die zahlreichen Auswirkungen der DSGVO und ihre möglichen Folgen für ÖA eingegangen werden kann, müssen in den Ausschreibungsunterlagen eine Reihe von Themen behandelt werden, um sicherzustellen, dass ein rechtmäßiger Betrieb der geplanten Lösung von Anfang an möglich ist.
1.14.1 Eingebauter Datenschutz und datenschutzfreundliche Voreinstellungen
Es ist selbstverständlich, dass die Verpflichtung zur Umsetzung von technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Datenschutzgrundsätze an den Entwickler weitergegeben werden muss, da diese technischen Maßnahmen in die Lösung integriert werden müssen.
An dieser Stelle ist auf den Do-it-yourself-Ansatz hinzuweisen, mit dem ÖA bei der Beschaffung einer plattformbasierten Lösung konfrontiert sein können. Das bedeutet, dass der Anbieter einer Plattformanwendung eine Lösung anbieten kann, die so konfiguriert werden kann, dass sie konform arbeitet. Der Anbieter – und häufig auch der ÖA – muss dann die richtigen Einstellungen ermitteln und anwenden, um dieses Ergebnis zu erzielen. Die Anwendung dieser Einstellungen oder das Hinzufügen der verfügbaren Schutzmaßnahmen kann die Nutzung erheblich beeinträchtigen, was vom Anbieter der Plattformanwendung meist nicht garantiert wird.
Eingebauter Datenschutz und datenschutzfreundliche Voreinstellungen sind daher nicht nur eine Frage sorgfältiger vertraglicher Regelungen zu diesem Thema, sondern erfordern eine enge Zusammenarbeit mit technischen Experten, um die Vertragssprache und die technischen Anforderungen an die Einhaltung anzupassen.
1.14.2 Verschlüsselung und Zugriffskontrolle
Eine Lösung für die Verarbeitung personenbezogener Daten erfordert robuste Verschlüsselungsprotokolle für übertragene und gespeicherte Daten sowie rollenbasierte Zugriffskontrollen. Dies muss in den Anforderungen beschrieben werden und erfordert wiederum die Zusammenarbeit mit technischen Experten, um die vertraglichen Bestimmungen zu ergänzen.
1.14.3 Internationale Datenübermittlungen
Ein besonderes Thema, das Aufmerksamkeit erfordert, sind die Beschränkungen, die die DSGVO für internationale Datenübermittlungen vorsieht. Diese sollen gewährleisten, dass personenbezogene Daten nicht in Rechtsräume übertragen werden, die ein geringeres Schutzniveau bieten.
Die Nutzung einer Cloud-basierten Lösung kann die internationale Übermittlung (personenbezogener) Daten beinhalten, da die „Cloud“ lediglich eine Abstraktion des tatsächlichen physischen Standorts der Server darstellt. Befinden sich die Server des Cloud-Anbieters außerhalb des EWR, sollte ein ÖA prüfen, ob ein Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission vorliegt, der bestätigt, dass der Datenschutz in diesem Land im Wesentlichen dem durch die Anwendung der DSGVO gebotenen Schutzniveau entspricht. Selbst wenn sich die Server physisch innerhalb des EWR befinden, aber unter der Kontrolle eines multinationalen Unternehmens stehen, das Unternehmen innerhalb und außerhalb des EWR vereint, besteht das Risiko einer internationalen Übermittlung, und es müssen Vorkehrungen getroffen werden.40
Internationale Datenübermittlungen können auch im Rahmen von Support und Wartung der Lösung erfolgen. Insbesondere wenn der Second-Level-Support eine genaue Rekonstruktion der Situation erfordert, in der ein Vorfall aufgetreten ist, um die Ursache zu ermitteln, kann eine solche Rekonstruktion den Zugriff auf (personenbezogene) Daten erfordern, die zum Zeitpunkt des Vorfalls verarbeitet wurden. Kann eine solche Situation nicht ausgeschlossen werden, kann dies die Art der im Vertrag enthaltenen Leistungen beeinträchtigen. Typischerweise könnte ein „Follow-the-Sun“-Support problematisch sein, da er den Zugriff auf Daten von Betreibern auf verschiedenen Kontinenten erfordern würde.
1.14.4 Datenverarbeitungsvereinbarung:
Wenn der Anbieter in irgendeiner Phase der Vertragserfüllung personenbezogene Daten verarbeiten muss, muss dem Vertrag eine Datenverarbeitungsvereinbarung (Data Processing Agreement, DPA) als Anlage beigefügt werden.41
1.15 Spezifikationen der Dienstleistung/des Produkts
Der Vertrag muss spezifizieren, was der ÖA beschaffen möchte. Es ist wichtig, die Spezifikationen zu definieren, die die Dienstleistung oder das Produkt erfüllen muss. In Technologieverträgen bezieht sich diese Klausel typischerweise auf Anhänge, in denen alle Anforderungen aufgeführt sind (siehe unten).
2. Vertragsgestaltung bei der Leistungserbringung
2.1 Anforderungen an die Softwareentwicklung
Die folgenden Abschnitte sind für die Verwaltung der Vertragserfüllung durch den Lieferanten von entscheidender Bedeutung.
Die Anforderungen an die Softwareentwicklung in einem Technologievertrag definieren die Erwartungen, Verantwortlichkeiten und Leistungen des ÖA und des Lieferanten. Typischerweise umfassen diese Anforderungen eine detaillierte Beschreibung des Arbeitsumfangs, der Funktionalität und der Merkmale der gewünschten Softwarelösung sowie der zu verwendenden Technologien.
Zu den Anforderungen an die Softwareentwicklung gehören Leistung, Kompatibilität und Sicherheit.
Diese Anforderungen können detaillierter sein, wenn eine Wasserfall-Entwicklung bevorzugt wird, während sie bei einem agilen Entwicklungspfad eher übergeordnet sind.
2.2 Servicequalität
Ein Anhang zur Servicequalität (Quality of Service, QoS) beschreibt die Leistungsstandards, die ein Lieferant erfüllen muss, und die Messgrößen für die Leistungsmessung. Er stellt sicher, dass die Erwartungen zwischen Lieferant und ÖA übereinstimmen.
2.3 Service Delivery Management
Ein Service Delivery Management-Dokument spiegelt die Prozesse, die Governance und die Kontrolle wider, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass die in der Servicevereinbarung beschriebenen Services effektiv und konsistent erbracht werden. Es legt Managementpraktiken zur Überwachung, Bewertung und Verbesserung der Servicebereitstellung fest. Typische Elemente der Servicebereitstellung sind das Vorfall- und Problemmanagement.
2.4 Abnahmeverfahren
Die vom öffentlichen Auftraggeber vom Lieferanten erwartete Leistung muss abgenommen werden. Bei technischen Produkten sollte eine Dokumentation vorgesehen werden, die den Prozess beschreibt, z. B. die Festlegung der für die Abnahme erforderlichen Tests, die Zusammenführung von Lieferant, ÖA und gegebenenfalls technischen Experten für die Tests, die verschiedenen Phasen (vorläufige Abnahme – endgültige Abnahme), das Vorgehen bei fehlgeschlagenen Tests und die Konsequenzen von verschiedenen Ergebnissen.
2.5 Governance
Bei jedem Technologievertrag, der eine längerfristige Zusammenarbeit zwischen einem ÖA und einem Lieferanten erfordert, empfiehlt es sich, einen Anhang hinzuzufügen, der eine Governance-Struktur und Regeln für die Verwaltung dieser längerfristigen Beziehung definiert.
Traditionell sind drei Governance-Ebenen vorgesehen: die operative, die taktische und die strategische. Die operative Ebene befasst sich typischerweise mit dem Tagesgeschäft und kann mehrere Governance-Gremien umfassen, um operative Details berücksichtigen zu können. Die taktische Ebene befasst sich mit Themen auf Projekt- oder Programmebene, unter anderem mit der regelmäßigen Überprüfung von SLAs und KPIs, Änderungsanfragen und Eskalationen der operativen Ebene. Die strategische Ebene vereint typischerweise eine Managementebene oberhalb der Projekt-/Programmmanagementebene und bespricht mit relativ geringer Häufigkeit strategische Themen im Zusammenhang mit dem Projekt oder Programm sowie Eskalationen der taktischen Ebene.
Diese Art von Struktur ermöglicht es den Parteien, Angelegenheiten zu besprechen und Probleme innerhalb der Grenzen der Beziehung an höhere Stellen weiterzugeben.
2.6 SLA/KPI
Die Leistung eines Lieferanten im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags wird üblicherweise anhand von SLAs und/oder KPIs gemessen. Enthält der geplante Vertrag einen erweiterten Serviceaspekt, ermöglicht die Hinzufügung von SLAs/KPIs dem ÖA zu beurteilen, ob die Leistung des Lieferanten den vertraglichen Anforderungen entspricht.
SLAs legen die Mindeststandards für die Servicebereitstellung fest. KPIs hingegen sind messbare Kennzahlen zur Bewertung der Effektivität und Effizienz der Servicebereitstellung. Das Dokument kann eine beliebige Anzahl von SLAs oder KPIs enthalten und Überprüfung der Leistung anhand des etablierten Governance-Prozesses ermöglichen. Es können in Bezug auf SLAs und/oder KPIs Sanktionen verhängt werden.
2.7 Ausstiegsplan / Übertragbarkeit
Die Festlegung eines Ausstiegsplans als Teil der vertraglichen Vereinbarungen ist eine wichtige Vorsichtsmaßnahme gegen die Abhängigkeit von einem bestimmten Anbieter. Der Plan sollte zu Beginn in groben Zügen vorliegen. Der Vertrag sollte den Lieferanten verpflichten, den Ausstiegsplan während der gesamten Vertragslaufzeit zu aktualisieren, sodass nach Vertragsablauf ein Plan vorliegt. Rollen und Verantwortlichkeiten legen fest, wie der Ausstieg aussehen soll, welche Verpflichtungen in der Übergangsphase beim Lieferanten verbleiben und welche Leistungen in welchem Format dem ÖA und/oder dem nächsten Dienstleister zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Kontrolle über den Ausstiegsplan sollte im Rahmen der Governance geregelt werden.